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Niederländische Banken wie ABN AMRO und ING stehen in der Kritik, weil sie aktiv auf Kunden mit Fragen zu Bargeldabhebungen zugehen.

Während der niederländische Bankenverband (NVB) die Verbraucher dazu drängt, für Notfälle Bargeld zu Hause zu haben, scheinen die Banken das gegenteilige Signal zu senden. Der Widerspruch löst bei den Kunden Empörung aus und wirft Fragen nach den Prioritäten der Finanzinstitute auf.

Warum heben Sie Bargeld ab?

Immer häufiger werden Kunden von Großbanken angerufen, nachdem sie größere Bargeldbeträge abgehoben haben. Das Gespräch beginnt oft mit einer scheinbar harmlosen Frage: Warum brauchen Sie so viel Bargeld? Diese Praxis, die nach Angaben der Banken der Verhinderung von Geldwäsche und Finanzkriminalität dienen soll, wird von vielen Verbrauchern als einschüchternd empfunden.

Ein ABN AMRO-Kunde, der anonym bleiben möchte, sagt: „Ich habe 1000 € abgehoben, um einen Monat im Voraus zu haben. Innerhalb weniger Tage erhielt ich einen Anruf mit der Frage, wofür ich das Geld benötige. Es fühlte sich an, als ob ich für meine eigenen Ersparnisse aufkommen müsste.“

Ein Sprecher von ABN-AMRO antwortete darauf, dass es ihre Aufgabe sei, verdächtige Transaktionen zu identifizieren. „Wir sind verpflichtet, Geldwäsche und andere kriminelle Aktivitäten zu bekämpfen. Das Abheben großer Bargeldbeträge kann ein Indikator sein. Deshalb führen wir manchmal Gespräche mit unseren Kunden.“

Der Anruf der Banken kommt zu einem besonderen Zeitpunkt. Der niederländische Bankenverband (NVB) hat Verbrauchern kürzlich geraten, für unvorhergesehene Umstände, wie etwa einen landesweiten Ausfall digitaler Zahlungen, ausreichend Bargeld zu Hause zu haben. Im Notfall kann die Verwendung von Debitkarten oder Online-Banking unmöglich werden, sodass Bargeld zu einem wichtigen Zahlungsmittel wird. „Es ist fast so, als ob Banken nicht wollen, dass man Bargeld verwendet“, sagt ein anderer ING-Kunde. „Ich habe keine kriminellen Absichten, sondern möchte einfach vorbereitet sein. Warum werde ich dabei beobachtet?“

Auslandszahlungen

Ein niederländischer Unternehmer erhielt kürzlich einen Brief von ING mit einer bemerkenswerten Bitte: Eine Zahlung eines ausländischen Taxiunternehmens in Höhe von nur 46,95 € wurde blockiert. Erst nach Vorlage umfangreicher Belege, darunter eine Kopie der Rechnung und eine VIES-Überprüfung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des ausländischen Unternehmens, wurde die Transaktion freigegeben. Der Vorfall hat zu Frustration bei Unternehmern, Verlusten für das ausländische Taxiunternehmen und wachsender Kritik an den strengen Kontrollmechanismen niederländischer Banken geführt.

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Forschung

Die Zeiten, in denen man für eine Beratung oder eine einfache Transaktion einfach in eine Bankfiliale vor Ort gehen konnte, scheinen für immer vorbei zu sein. Mit dem Verschwinden fast aller physischen Servicestellen haben sich Banken wie ING und ABN AMRO vollständig auf digitale Dienstleistungen konzentriert. Doch anstatt den Kundenfokus zu steigern, erleben viele Menschen das Gegenteil. Die Aufmerksamkeit scheint sich auf ein Ziel verlagert zu haben: die Überprüfung der Kunden auf Betrug und Geldwäsche. Und diese strengen Kontrollen werden von denselben Kunden bezahlt, die immer weniger Service erhalten.

Der Unternehmer, der anonym bleiben möchte, teilte seine Erfahrungen mit der Sperrung der Zahlung. „Es handelte sich um eine reguläre Zahlung für eine Dienstleistung, die einem Kunden im Ausland erbracht wurde. Als die Zahlung eingestellt wurde, erhielt ich einen Brief von ING, in dem ich aufgefordert wurde, nachzuweisen, warum diese Zahlung notwendig war. Das bedeutete, dass ich eine Kopie der Rechnung und einen VIES-Check der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Taxiunternehmens vorlegen musste. Mein Kunde im Ausland erhielt zwischenzeitlich eine Mahnung, da der Betrag nicht eingegangen war.“ Die VIES-Inspektion, ein Online-System zur Überprüfung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern, musste nachweisen, dass das Taxiunternehmen tatsächlich existierte. Erst nach tagelanger Bereitstellung dieser Dokumente wurde die Zahlung von ING ohne weitere Reaktionen freigegeben.

ausländische Unternehmen

Der Vorfall hatte schwerwiegende Folgen für das betreffende Taxiunternehmen. Aufgrund der ausbleibenden Zahlung wurde das Unternehmen vorübergehend von einem wichtigen Dienst getrennt. „Das ist geradezu schädlich“, sagt der niederländische Unternehmer. „Mein Kunde dachte, er hätte nicht bezahlt, während die Bank die Zahlung ohne direkte Warnung oder klare Erklärung zurückhielt.“

Nach Freigabe der Zahlung übermittelte ING lediglich zusammenfassende Informationen. Die Bank gab an, dass die Transaktion untersucht wurde, da sie verdächtige Auslandszahlungen aktiv überwacht. Das Unternehmen wollte sicherstellen, dass die Kontonummer nicht auf einer internationalen Liste von Betrugsunternehmen steht. Allerdings sind solche Listen häufig weit verbreitet, was auch legitime Unternehmen betreffen kann.

Taxiunternehmen werden häufiger ins Visier genommen

Dies ist nicht der erste Vorfall, bei dem Taxiunternehmen einer verstärkten Aufsicht durch Banken unterliegen. Laut Branchenverbänden gilt die Taxibranche aufgrund angeblicher Beteiligung an Geldwäschepraktiken seit langem als Hochrisikobranche. Daher führen Banken bei Transaktionen im Zusammenhang mit Taxidiensten, insbesondere wenn es sich um grenzüberschreitende Transaktionen handelt, zusätzliche Kontrollen durch.

„Es ist verständlich, dass Banken Geldwäsche bekämpfen wollen, aber diese Methode geht völlig am Ziel vorbei“, sagt Finanzexperte und Branchenanalyst Arno Wellens. „Sie sprechen von einer Zahlung von weniger als 50 Euro. Derartige Kontrollen, bei denen den Unternehmern ein Berg an Verwaltungsaufwand aufbürdet und Unternehmen im Ausland ungerechtfertigt benachteiligt werden, stehen in keinem Verhältnis zum Risiko.“

Mangel an Transparenz

Die Haltung von ING in dieser Angelegenheit stieß auf Kritik. Dass die Bank erst nach der Sperrung der Transaktion Auskunft erteilt, sorgt für Verunsicherung bei Unternehmern. „Man muss nur darauf hoffen, dass man alle Belege schnell zur Verfügung stellen kann, sonst könnte eine Kundenbeziehung irreparabel geschädigt werden“, sagt der betroffene Unternehmer. „Und selbst wenn man alles geliefert hat, bekommt man kaum eine Erklärung, was genau geprüft wurde.“

ING verteidigt die Praxis mit dem Hinweis auf die Pflicht zur Untersuchung verdächtiger Zahlungen nach dem Money Laundering and Terrorism Financing (Prevention) Act (Wwft). Dennoch wird der Ruf nach mehr Verhältnismäßigkeit und besserer Kommunikation seitens der Unternehmer immer lauter.

Der Vorfall unterstreicht ein umfassenderes Problem in der Beziehung zwischen Banken und Unternehmern. Während Finanzinstitute mit strengeren Vorschriften konfrontiert sind, empfinden Kunden diese Kontrollen zunehmend als prohibitiv. Insbesondere bei kleinen Beträgen und transparenten Transaktionen erscheint die Notwendigkeit solcher Kontrollen fraglich.

Experten plädieren für einen ausgewogeneren Ansatz. Banken könnten sich stärker auf die Verhinderung tatsächlicher Kriminalität konzentrieren, anstatt rechtmäßigen Unternehmern und ihren ausländischen Geschäftspartnern zu schaden. Bis dahin bleibt die Frage, ob die derzeitigen Kontrollmechanismen mehr Schaden anrichten, als sie verhindern.

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